Hören vs. Zuhören

By Barbara Wanning / Aktualisiert am 26.05.2020

Hören und zuhören - gibt es da einen Unterschied?

Im Moment bereite ich gerade ein englischsprachiges Seminar zu den Grundlagen der Kommunikation vor. Nicht fehlen darf dabei natürlich auch das Thema „Aktives Zuhören“. Denn Zuhören ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für gelingende Kommunikation. Schließlich verbringen wir rund 50% der Gesprächszeit als Zuhörer.

An dem Punkt  habe ich gemerkt, dass es im Englischen viel einfacher ist, einen wichtigen Unterschied zu erläutern. Den Unterschied zwischen „Hören“ und „Zuhören“. Im Englischen gibt es zwei verschiedene Wörter: „hearing“ und „listening“. Auf deutsch muss ich viel weiter ausholen, um eine saubere Trennung der beiden Begriffe zu erreichen.

Hören...

Hören beschreibt eigentlich nur das Wahrnehmen von Tönen oder Geräuschen über den Hörsinn. Wir können etwas hören und beschließen, und nicht weiter darum zu kümmern.

Also zum Beispiel, wenn wir in einem Restaurant sitzen und hören, wie sich die Gäste am Nebentisch unterhalten. Deren Gespräch stellt für uns normalerweise nur „Geräuschkulisse“ dar. Wir hören zwar, dass geredet wird, hören aber in der Regel nicht zu, um den Inhalt des Gespräches zu verfolgen.

Anders ist es hoffentlich bei den Gesprächen, die am eigenen Tisch stattfinden. Hier ist es von entscheidender Bedeutung, dass wir wirklich zuhören, uns auf das einlassen, was gesagt wird.

Zuhören...

Zuhören ist ein willentlicher Akt. Zuhören erfordert unsere Entscheidung, die „Geräusche“, die wir wahrnehmen in Worte übersetzen zu wollen und diese entsprechend zu verarbeiten. Zuhören beinhaltet immer ein aktives Einlassen auf den Gesprächspartner.

Vielen ist dieser Unterschied nicht klar und so kommt es oft schon zu Beginn eines Gespräches zu Konflikten, weil der eine Gesprächspartner sich zum Beispiel parallel intensiv mit seiner Zeitung beschäftigt und behauptet: „Erzähl‘ nur, ich höre Dir trotzdem zu. Ich bin schließlich multitaskingfähig.“

Störfaktoren

Zuhören wird durch alle möglichen Faktoren erschwert. Dabei kann es sich sowohl um äußere Einflüsse handeln, als auch um innere Barrieren.

Äußere Einflüsse

Störend auf gute Kommunikation wirkt es sich zum Beispiel aus, wenn das Gespräch in zu lauter Umgebung stattfindet. Oder wenn die Umgebungstemperatur nicht passt, es also zu warm oder zu kalt ist. Auch wenn es zu unbequem für die Gesprächspartner ist, (das Gespräch findet im Stehen statt, die Sitzgelegenheiten sind unkomfortabel,…) wird es schnell schwer, sich auf eine Unterhaltung zu konzentrieren.

Wir können im Vorfeld also schon einiges für den erfolgreichen Verlauf eines Gespräches tun, wenn wir für eine möglichst störungsfreie Umgebung sorgen.

Innere Barrieren

Dann können innere Barrieren bei den Gesprächspartnern den Gesprächsverlauf zusätzlich erschweren. Was meine ich mit inneren Barrieren?

  • Wenn jemand zum Beispiel immer nur die Sachbotschaft einer Aussage hört und die emotionale Ebene gar nicht registriert.
    (Zum 4-Ohren-Modell nach Friedemann Schulz von Thun findest Du hier im Blog einen separaten Artikel.)
  • Wenn jemand nur das hört, was er aufgrund seiner eigenen Erwartungshaltung vermutet, aber nicht das, was wirklich gesagt wird.
  • Wenn jemand gerade emotional zu sehr in das Thema verstrickt ist.
  • Wenn jemand sehr viel mit Klischees arbeitet.
  • Wenn jemand Neuerungen gegenüber grundsätzlich ablehnend gegenübersteht. (Das haben wir schon immer so gemacht…)

Aktives Zuhören

Daraus abgeleitet gibt es ein paar „ganz einfache“ Verhaltensregeln, die unter dem Begriff „aktives Zuhören“ zusammengefasst werden.

Du wirst sehen: Wenn Du diese Regeln beherzigst und regelmäßig anwendest, werden sich Deine Fähigkeiten als Zuhörer schnell verbessern und Du wirst erfolgreichere und wesentlich stressfreiere Gespräche führen!

Aktives Zuhören ist ein offenes, empathisches und zugewandtes Zuhören. Dazu gehört unter anderem:

  • dass ich mich entscheide, wirklich zuhören zu wollen.
  • dass ich bereit bin, mich unvoreingenommen auf die Gefühls- und Gedankenwelt des anderen einzulassen.
  • dass ich durch meine Körperhaltung signalisiere, dass ich aufnahmebereit bin (offen, dem anderen zugewendet).
  • dass ich den anderen ausreden lasse und mir ggf. wichtige Punkte merke, zu denen ich später nachhaken möchte.
  • dass ich durch non-verbale Signale (Kopfnicken, Kopfschütteln, Mimik, Gestik) immer wieder mein Interesse und meine Aufmerksamkeit um Ausdruck bringe.
  • dass ich aufmerksam die Körperhaltung und andere non-verbale Signale meines Gegenübers beobachte, um eine Änderung im Gesprächsverlauf erkennen zu können.

Wiederholen und zusammenfassen

Aktives Zuhören beinhaltet auch, dass ich das Gehörte immer wieder mit eigenen Worten wiederhole und zusammenfasse, um zu überprüfen, ob das, was bei mir angekommen ist, das ist, was der andere mir an Gedanken oder Gefühlen mitteilen wollte.

Wichtig ist dabei, dass ich dabei neutral bleibe. Dass ich also in die Wiederholung nicht meine eigene Bewertung mit einfließen lasse, ich also weder Zustimmung noch Ablehnung ausdrücke.

Hilfreiche Formulierungen können zum Beispiel sein:

  • Habe ich Dich richtig verstanden, dass…?
  • Das klingt für mich so, als ob Du verärgert/traurig/enttäuscht/erfreut bist… ?
  • Mein Eindruck ist, dass Du Dir xy gut vorstellen könntest…
  • Bei mir ist angekommen, dass….
  • Zum Punkt xy würde ich gerne noch mehr erfahren…
  • Möchtest Du noch etwas ergänzen?

Das Wichtigste nochmal in Kürze

  • Zuhören = willentlicher Akt
  • Auf eine förderliche Gesprächsumgebung achten.
  • Störfaktoren möglichst ausschalten.
  • Aktiv zuhören.

 Wie Du Gespräche als der aktive Partner, also als Sprecher, positiv beeinflussen kannst, erfährst Du in kommenden Blogbeiträgen. Dort wird es dann um Ich-Botschaften, offene bzw. geschlossene Fragen und vieles mehr gehen.

Probier‘ doch aber jetzt schon einfach mal aus, ob sich am Verlauf und/oder Ergebnis Deiner Gespräche etwas ändert, wenn Du auf die beschriebenen Faktoren beim Zuhören achtest.

Ich freue mich über Rückmeldungen in Kommentaren zu diesem Beitrag!

Herzlichst,
Deine 

About the author

Barbara Wanning

Hallo, ich bin Barbara Wanning und seit 2009 habe ich mich endgültig dem Thema "Kommunikation" verschrieben. Denn nichts spielt für mich eine ähnlich große Rolle in privaten und beruflichen Beziehungen wie gehört und verstanden zu werden. Deshalb sorge ich in Trainings und Beratungen dafür, dass Missverständnisse und Beziehungsstress keine Chance mehr haben!

Andrea Lekies - 21. Juli 2019

Liebe Barbara,

einmal wieder ein wichtiger & wunderbarer Hinweis von dir. Und erneut einer, den wir privat und beruflich so leicht anwenden könnten. Schafft man es, sich wirklich auf das Gegenüber zu konzentrieren, nimmt das Gespräch oft eine ganz andere Wendung an. Leichter, positiver, bunter.

Und ja, sooo einfach ist es dann meistens doch nicht, immer aufmerksam zuzuhören. Weshalb ich mich auf weitere Tipps von dir freue!

    Barbara Wanning - 21. Juli 2019

    Liebe Andrea,

    vielen Dank für Dein tolles Feedback!
    Es werden ganz sicher weitere Tipps folgen und ich freue mich, wenn Du mich hier begleitest und Dich inspirieren lässt.

    Herzliche Grüße,
    Barbara

Hans-Dirk Reinartz - 21. Juli 2019

Super Artikel!
Fürs Unterbewusstsein bedeutet ZUhören allerdings „die Ohren zu machen“ 🙂 HINhören wäre die bessere Alternative. Aber da das Wort ja inzwischen zu einem terminus technicus geworden ist, kann man das schlecht ändern.
Zumindest im direkten Gespräch würde ich persönlich lieber hinhören benutzen als zuhören.
Ich wünsche Dir noch einen schönen Sonntag!

    Barbara Wanning - 21. Juli 2019

    Hallo Hans-Dirk,

    danke für Deine wichtige Anmerkung! Worte haben so viel Macht. Dessen sind wir uns oft gar nicht bewusst.
    Auch ich bemerke immer wieder, wie ich ganz automatisch bestimmte (negative) Wörter benutze, einfach weil es so Usus ist.
    Es lohnt sich, da immer wieder ganz bewusst hinzuschauen und positive Alternativen zu suchen. So wie Dein „Hinhören“. Danke!

    Herzliche Grüße,
    Barbara

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