Streit – der Feind in Deinem Bett?
Wie Du Streit zu Deinem Verbündeten machst, um Deinem Partner wieder näher zu kommen.
Wie? Jetzt auf einmal sollst Du Dich mit dem „Feind“ verbünden?
Wo ich doch sonst immer davon spreche, dass es wichtig ist, dem Streit den Garaus zu machen? Und wo selbst in meinem Slogan „Weniger Streit. Mehr Akzeptanz. Echtes Verständnis.“ weniger Streit gleich am Anfang steht?
Ja, das wirkt auf den ersten Blick vielleicht so, als würde ich Auseinandersetzungen mit dem Partner generell verteufeln. Aber genau so ist das eben nicht!
Unproduktiver Streit: Der Feind in Deinem Bett!
Was ich in einer Beziehung für schädlich halte, sind unproduktive Streits, die nur aus gegenseitigen Vorwürfen bestehen. Streits, die schnell eskalieren und meist nur dazu führen, dass die Fronten hinterher noch mehr verhärtet sind. Streits, die sich durch Rumbrüllen, Türenknallen oder sogar geworfene Gegenstände auszeichnen. Oder die sich durch Eiseskälte, Rückzug und tagelanges Schweigen ausdrücken. Und die vermutlich auch Auswirkungen auf Euer Liebesleben haben…
Merkst Du, wie sich Dein Magen sofort zusammenkrampft, wenn Du nur daran denkst, wieder mit Deinem Partner zu streiten? Spürst Du, wie es Dir Deine Kehle zuschnürt oder Deine Brust eng wird? Jeder reagiert anders auf solche Belastungen. Ich habe mich immer furchtbar hilflos gefühlt, wenn ich meine Interessen nicht angemessen vertreten konnte. Was mich dann in einem zweiten Schritt sehr wütend gemacht hat. Einfach, weil ich nicht wusste, was ich tun kann, um Gehör zu finden.
Glaub‘ mir, was unproduktive Streits angeht, war ich früher die Königin! Da war meine Trickkiste sehr umfangreich ausgestattet. Nur geholfen hat mir das alles nichts. Gebracht hat es außer Frust und Stress Null Komma Null. Nichts. Nada.
Also habe ich mich auf die Suche nach Alternativen gemacht. Es musste da doch etwas geben, was die Kommunikation mit meinem Partner auch in schwierigen Situationen möglich macht, ohne sich gegenseitig regelrecht zu zerfleischen.
Konstruktive Auseinandersetzungen: Deine Verbündeten in der Partnerschaft!
Und was soll ich sagen? Ich bin tatsächlich fündig geworden! Konstruktiver Streit ist die Zauberformel, die mir seither das Leben leichter macht.
Konstruktive Auseinandersetzungen halte ich im Gegensatz zu unproduktiven Streits für sehr wichtig und förderlich für eine Partnerschaft.
Leider haben die wenigsten von uns gelernt, wie das denn geht mit den konstruktiven Streits. Viele unserer Eltern wussten (oder wissen nach wie vor) selber nicht, wie man richtig für seine Bedürfnisse einsteht, wie man seine Meinung zu einem Thema auf positive Art und Weise vertritt. Wie man Missverständnisse aus dem Weg räumt oder ein Klima schafft, in dem beide Partner sich trauen können, Probleme anzusprechen. Wie sollten sie es dann Dir beibringen? Wenn sie doch selber hilflos im Umgang damit sind?
Und in der Schule? Da lernt man „so etwas“ normalerweise auch nicht. Gute Kommunikation oder Streitkultur sind dort selten Thema. Mit viel Glück hast Du vielleicht im Rahmen Deiner Berufsausbildung oder später im Job etwas davon mitbekommen. Wenn das Unternehmen Wert auf solche Soft-Skills gelegt hat. Und das tun meist nur größere Unternehmen.
Du brauchst Dir also wirklich keine Vorwürfe machen, wenn Du bisher relativ „unbeleckt“ zum Thema Kommunikation und Streitkultur warst. Dafür hast Du ja jetzt mich! 😉
Woran kannst Du nun also erkennen, dass es sich bei Euren Streits um unproduktive Auseinandersetzungen handelt? Ich bin mir sicher, dass Du das vom Gefühl her auch jetzt schon ziemlich eindeutig und richtig einsortieren kannst. Nur bleibt es dadurch trotzdem immer noch ein bisschen diffus, wie im Nebel, nicht richtig greifbar. Stimmt‘s?
Deshalb gebe ich Deinem Verstand nun auch noch ein paar ganz konkrete Stichpunkte dazu. Schau‘ doch einfach mal, was davon sich in Euren Streits wiederfindet. Nur Mut! Mein Text hier beißt nicht! Und Du musst ja auch (erstmal) niemand davon erzählen, in wie vielen oder welchen Punkten Du Dich bzw. Euch wiedererkannt hast.
Merkmale unproduktiver Streits
Du erinnerst Dich an meine „Trickkiste“, die ich oben erwähnt hatte? Hier habe ich Dir mal einiges aus meinem damaligen Arsenal aufgelistet und in 3 Hauptkategorien zusammengefasst:
Ihr ergeht Euch in gegenseitigen Vorwürfen:
- Du-Botschaften
(Du hast das und das falsch gemacht!) - Verallgemeinerungen
(Immer machst Du…/Nie tust Du…) - Übertreibungen
(Hundertmal habe ich Dir schon gesagt…) - Schuldzuweisungen
(Du bist Schuld daran, dass…) - Etikettierungen
(Das ist typisch für Dich!) - (Negative) Interpretationen
(Das machst Du doch absichtlich…) - Scheinvorschläge
(Du könntest ruhig mal…) - Rhetorische Fragen
(Findest Du das etwa gut?) - Drohungen
(Wenn Du nicht das und das tust, dann…) - Sarkasmus/Ironie
(Prima gemacht!) - Verletzende Andeutungen
(So wie neulich, als Du Dich so blöd angestellt hast…) - Abwertungen/Beleidigungen
(Du kriegst halt mal wieder nichts auf die Reihe, Du Loser!) - Zitieren von Verbündeten und Zeugen
(Auch X und Y sehen das genau wie ich…)
Ihr benutzt eine Art der Kommunikation, die der andere als besonders verletzend oder bestrafend erlebt:
- Verschanzen hinter „man“- oder „es“-Aussagen.
(Sprich ja nie in der Ich-Form von Dir und Deinen Gefühlen!) - Den anderen nicht an sich ran lassen, eigene Gefühle oder Gedanken verschleiern
(Wie’s in mir aussieht, das geht Dich gar nichts an….). - Wünsche oder Bedürfnisse nicht direkt ansprechen, sondern auf die hellseherischen Fähigkeiten des anderen hoffen.
(Und dann auf ihn „einprügeln zu können, wenn er diese nicht hat). - Blickkontakt vermeiden, „Pokerface“ aufsetzen
(Ja nicht in die Karten schauen lassen!). - Coolness - nicht (emotional) auf das reagieren, was der andere sagt
(Soll der doch auflaufen…). - Signalisieren, dass ich eh schon weiß, was der andere mir sagen will.
(Das langweilt mich, das interessiert mich nicht…). - Unterbrechen
(Um dem anderen das Heft aus der Hand zu nehmen). - Abrupte Themenwechsel
(Das was Du erzählst, ist nicht wichtig für mich…).
Ihr versöhnt Euch, ohne dass Ihr Euer Konfliktthema geklärt habt. Damit es trotzdem zur Versöhnung kommt, werden folgende „Druckmittel“ benutzt:
- Ablenken/Themenwechsel
(Dann vergisst der andere den Streitpunkt vielleicht…) - Aussitzen
(Der andere wird sich schon wieder beruhigen…) - Beleidigtsein
(Kontaktabbruch Emotionales Aushungern des anderen) - Dramatisieren
(Durch das Überzeichnen des Problems soll der andere schneller einlenken.) - Bagatellisieren
(Bedürfnisse oder das Thema werden klein geredet) - Nachgeben/Einlenken
(Verbunden mit der Bedingung, dieses Thema zukünftig nicht mehr anzusprechen…) - Rationalisieren
(Die Gefühle sollen ausgeblendet werden.) - Bestechen
(Ein Angebot machen, aber als Gegenleistung dafür die Einstellung der Debatte fordern.) - Sich selber klein machen
(Um beim anderen ein schlechtes Gewissen zu erzeugen.)
Eigenschaften konstruktiver Auseinandersetzungen
Puh, vielleicht bist Du jetzt gerade erschrocken, hinter wie vielen Punkten Du geistig ein Häkchen machen konntest. Welche Inhalte Deine „Trickkiste“ parat hält.
Keine Panik! Hier kommen jetzt ein paar hilfreiche Tipps, wie Du Konfliktgespräche zukünftig anders gestalten kannst. Beziehungsweise nenne ich Dir ein paar Elemente, die eine konstruktive Auseinandersetzung kennzeichnen.
Auch hier habe ich wieder eine Gruppierung vorgenommen, denn Du kannst in Gesprächen ja 2 Rollen einnehmen. Einmal die des Sprechers und dann die des Zuhörers. Und für beide Rollen gibt es hilfreiche Verhaltensregeln. Außerdem kommt es auch noch auf die Vorbereitung Eures Gesprächs an.
Gesprächsvorbereitung:
- Passenden Zeitpunkt und Gesprächsdauer wählen
- Passenden Ort wählen
- Störungen vermeiden
Sprechen:
- Ich-Botschaften
- Sich öffnen/den anderen an sich heran lassen
- Konkret bleiben (Situationen, Verhaltensweisen, etc.)
- Beim aktuellen Thema bleiben.
Zuhören:
- Uneingeschränkte Aufmerksamkeit
- Non-verbale Rückmeldungen
- Gehörtes zusammenfassen
- Offene (Rück-)Fragen stellen
- Positives Gesprächsverhalten des anderen anerkennen.
- Eigene Gefühle zum Gehörten zum Ausdruck bringen.
Du siehst, es gibt eine ganze Menge, was Du tun kannst, um Euren Gesprächen eine positive Basis zu geben. Und je mehr Ihr Euch gegenseitig öffnet und mit Euren Gefühlen, Wünschen und Bedürfnissen für den anderen spürbar werdet, umso näher kommt Ihr Euch wieder! Auch im Bett!
Auch die längste Reise beginnt mit einem ersten Schritt…
Und wenn Du jetzt vor diesen Aufzählungen stehst und denkst „Oh mein Gott! Wie soll ich das denn alles hinkriegen? Das ist ja so viel auf einmal, was ich lassen und stattdessen tun soll. Das kriege ich ja nie hin!“, dann sage ich Dir „Tief durchatmen! Ein Schritt nach dem anderen!“
Fühl‘ Dich jetzt bitte nicht unter Druck gesetzt und bring Dich bitte auch nicht mit Deinem Anspruch an Dich selber in Stress.
Du kennst bestimmt die Redewendung „Auch die längste Reise beginnt mit einem ersten Schritt.“ Wir unterschätzen meist, was eine kleine Änderung auf Dauer bewirken kann. Auch im Umgang mit unserem Partner. Deshalb:
Pick‘ Dir einfach einen Punkt raus, auf den Du in der nächsten Zeit besonders achten willst. Sei es, indem Du ihn vermeidest (wenn es ein Punkt aus der Negativ-Liste ist) oder indem Du schaust, dass Du ihn bewusst nutzt (wenn es ein Punkt aus der Positiv-Liste ist). Und wenn Dir das mit diesem einen Punkt gut gelingt, nimmst Du Dir einen weiteren Punkt vor.
Du wirst bestimmt bald die ersten positiven Effekte merken. Und dann macht es richtig Spaß, immer mehr auszuprobieren!
Ich wünsche Dir ganz viel Erfolg!
PS: Und wenn Du Dich alleine unsicher fühlst, dann melde Dich einfach bei mir. Ich bin nur eine Nachricht von Dir entfernt – und ich unterstütze Dich gerne!